Der neue Mietspiegel bringt kleine Verschnaufpause für Stuttgarts Mieter
Breitere Datenbasis führt zu moderater Mietsteigerung um ca. 1 Prozent
Verweigerungshaltung von Haus & Grund schadet dem sozialen Frieden in der Stadt
Der qualifizierte Mietspiegel 2025/2026, der vom DMB-Mieterverein Stuttgart und Umgebung e.V. anerkannt wurde, liegt vor. „Der lange Kampf um eine Mietspiegelreform hat sich gelohnt. Zwar wurde eine wesentliche Forderung des Deutschen Mieterbundes und der ihm angeschlossenen Mietervereine, für den Mietspiegel alle und nicht nur die in den letzten sechs Jahren veränderten Mieten einzubeziehen, nicht umgesetzt. Die von der scheidenden Bundesregierung umgesetzten Reformen stellen aber einen deutlichen Fortschritt dar und nehmen dem Mietspiegel immerhin teilweise seine preistreibende Wirkung“, so kommentiert Ralf Brodda, der Geschäftsführer des DMB-Mieterverein Stuttgart und Umgebung e.V., die Zahlen des qualifizierten Mietspiegels 2025/2026 für Stuttgart.
Die Preissteigerung ist im Durchschnitt mit ca. 1 Prozent erfreulich niedrig. Auch wenn der geringe Anstieg viele überrascht hat, ist er konsequent und richtig und korrigiert unangemessene Steigerungen der früheren Jahre zumindest zum Teil. Auch die Kaufpreise für Immobilien steigen seit einiger Zeit nicht oder gehen sogar zurück, was die Mietspiegelwerte zusätzlich stützt.
Ein Grund für das Ergebnis ist die durch die scheidende Bundesregierung umgesetzte Reform des Mietspiegelrechts. Durch die eingeführte Pflicht zur Auskunft für Vermieter und Mieter wurde der Mietspiegel auf eine deutlich breitere Datenbasis gestellt. Gaben 2022 noch 42 Prozent der Befragten Auskunft, waren es dieses Mal rund 90 Prozent. Die in der Vergangenheit so geringe Zahl von Antworten kritisierte der Mieterverein schon seit langem. „Es liegt nahe, dass gerade Mieter mit niedrigen Mieten sich mit komplizierten Fragebögen schwertun und ihre Mieten daher in frühere Mietspiegel nicht angemessen eingeflossen sind“, erläutert Brodda. Es zeigt sich, dass der Mieterverein mit seiner Kritik recht hatte und die Änderung des Gesetzes, für die sich der Deutsche Mieterbund mit seinen Mitgliedsvereinen eingesetzt hat, dringend geboten war. Preisberuhigend wirkt zudem, dass wegen der großen Mangellage die Bereitschaft zum Wohnungswechsel sinkt und deshalb weniger überteuerte Neuvermietungsmieten in den Mietspiegel eingegangen sind.
Der durchschnittliche Mietpreis liegt nach dem Mietspiegel jetzt bei 11,15 Euro pro m². Bei Ausschöpfung aller Zuschläge ergeben sich teils aber Mieten von deutlich über 20 Euro pro m². „Das trübt die Freude über den moderaten Anstieg, da die Mieten auch ohne Steigerung die Mieterhaushalte seit Jahren überfordern. Viele Mieter können sich Wohnen in Stuttgart nicht mehr leisten. Die Mieten sind längst am Limit beziehungsweise darüber. Auch das ist ein Grund, dass Vermieter nicht mehr jeden noch so hohen Mietpreis durchsetzen können“, schränkt Brodda die Begeisterung ein.
„Dass der Haus- und Grundbesitzerverein, dessen Mitglieder über viele Jahre von der unzureichenden Datenbasis mit krass steigenden Mieten profitiert haben, den Mietspiegel nicht anerkennt, ist ein riesiges Ärgernis. Der Mietspiegel ist bei allen Schwächen ein wichtiges Instrument der Befriedung und Vermeidung von Prozessen. Er gibt Sicherheit für Mieter und Vermieter. Das willkürlich aufs Spiel zu setzen, nur, weil die Ergebnisse nicht gefallen, ist unverantwortlich“, rügt Rolf Gaßmann, Vorsitzender des DMB-Mieterverein Stuttgart und Umgebung e.V., die Haltung der Vermieterseite. „Weil der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde und er von der Stadt anerkannt werden wird, ist er ein qualifizierter Mietspiegel, auch ohne Zustimmung von Haus & Grund. Er gilt für die nächsten zwei Jahre, und der Mieterverein Stuttgart erwartet, dass die große Mehrheit der Vermieter den Mietspiegel wie bisher für die Bewertung ihrer Wohnung nutzen, damit sie gemeinsam mit ihren Mietern Lösungen finden“, ergänzt Gaßmann.
Um die Mieten in Zukunft stabil zu halten und Stuttgart für seine Bewohner leistbar und für Arbeitskräfte auch von außen attraktiv zu machen, müssen Stadt und Land endlich ihre Verantwortung übernehmen und für Wohnungsbau im mittleren und niedrigen Preissegment sorgen. Die Mittel für Wohnbauförderung müssen deutlich aufgestockt werden und die Förderszenarien sowie die Praxis der Baugenehmigungen so gestaltet werden, dass Bauwillige und hier insbesondere Genossenschaften in die Lage versetzt werden, ihre Vorhaben umzusetzen.