Ehemalige SWSG-Mieter sind vor Mieterhöhungen geschützt

Mietervereinsanwältin erzielt wichtigen gerichtlichen Erfolg

Trotz starker Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen hatte eine Mehrheit im Gemeinderat 2001 beschlossen, dass die SWSG einen erheblichen Anteil ihrer Wohnungen privatisieren müsse. In Folge dieser falschen Wohnungspolitik wurden zwischen 2002 und 2011 circa 1.100 Mietwohnungen aus dem Bestand der SWSG verkauft. Wohnungen, welche heute angesichts einer Notfallkartei von fast 5.000 Fällen dringend benötigt würden. Doch auf damaligen Druck des Mietervereins hin wurden in die Kaufverträge wirksame Klauseln zum Schutz der Mieter aufgenommen:

  • Während der Dauer des Mietverhältnisses wurde die Kündigung wegen Eigenbedarfs und mangelnder wirtschaftlicher Verwertbarkeit ausgeschlossen.
  • Mieterhöhungen für die damaligen Mieter sollen nur in der Höhe erfolgen dürfen, wie die SWSG für vergleichbare Wohnungen erhöht, maximal bis zum Mittelwert des Mietspiegels.

Diese Mieterschutzklausel versuchte nun ein Vermieter auszuhebeln. Im Jahre 2008 hatte der Kapitalanleger von der mit der Privatisierung der SWSG-Wohnungen beauftragten Firma Südwert GmbH, Bietigheim, eine 43 qm große Wohnung in der Fleiner Straße zum Preis von 100.000 Euro erworben. Mit Verweis auf den Mietspiegel wollte der Erwerber 2018 die Miete auf 350 Euro erhöhen. Nachdem die Beraterin des Mietervereins auf die Einhaltung der Mieterhöhungsklausel im Kaufvertrag pochte, klagte der Vermieter vor dem Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt mit der Begründung, die Regelungen im Kaufvertrag seien unwirksam. Sie würden ihn unangemessen benachteiligen, denn er könne ja nicht wissen, wie die SWSG mit vergleichbaren Wohnungen verfahre.

Das Amtsgericht wies mit Urteil vom 19.07.2019 (AZ: 12 C 279/19) die Klage des Vermieters ab. Es stellte fest, dass die im Kaufvertrag vorgenommene Mietpreisbegrenzung „eine inhaltlich ausgewogene Regelung für den Verkauf einer Wohnung darstellt, die ehemals von der SWSG vermietet worden ist.“ Da es sich um ein Unternehmen der Stadt Stuttgart handle, „spricht die Verantwortlichkeit der Stadt dafür, dass dem Mieter umfangreiche Rechte eingeräumt werden“.

Nach der BGH-Rechtsprechung vom 14.11.2018 (AZ VIII ZR 108/18) gilt dies auch für den vergleichbaren Fall des Kündigungsausschlusses.

Mietervereinschef Rolf Gaßmann zeigte sich erfreut über das von Rechtsanwältin Frühwald-Kagan erstrittene Urteil. „Weil bei der SWSG in den Jahren 2017, 2018 und 2019 keine Mieterhöhungen durchgeführt wurden, sind die langjährigen Mieter in den 1.100 privatisierten Mietwohnungen vor Mieterhöhungen gut geschützt. Zudem profitieren die Mieter vom niedrigeren Mietenniveau der SWSG, welches 2,30 Euro/qm unter dem durchschnittlichen Mietpreis gemäß Mietspiegel liegt.“'

Trotz seines Gerichtserfolgs kritisiert der Mieterverein die unsinnige Verkaufsentscheidung der damaligen Gemeinderatsmehrheit. „Um eine vergleichbare Wohnung heute zu erstellen, müssen Stadt, Land und SWSG heute mindestens das Doppelte an Finanzmitteln bereitstellen, als sie vor 10 Jahren durch den Verkauf erhielten. Das war nicht nur eine teure Verschleuderung von Steuergeldern, sondern auch wohnungspolitischer Blödsinn“, so Gaßmann. Ohne diese Fehlentscheidung läge der Anteil der SWSG am Mietwohnungsbestand heute bei 10 Prozent.

Auf Anforderung übermitteln wir auch das Urteil des Amtsgerichts.

Gez. Rolf Gaßmann

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