Mieten angeblich „bezahlbarer geworden“?

Haus & Grund beschönigt mit falschen Zahlen die Lage der Mieter

Mit erstaunlichen Zahlen, welche die Bezahlbarkeit der Mieten belegen sollen, macht Haus & Grund zurzeit Stimmung – offensichtlich für weitere Mieterhöhungen. „Mieten sind zwischen 2015 und 2020 bezahlbarer geworden“ behauptet Haus & Grund in einer jüngsten Veröffentlichung. Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg hat die Berechnungen von Haus & Grund für Stuttgart und einige andere großen Städte überprüft und hält sie für „nachweislich falsch bzw. frei erfunden.“

  • Die Preissteigerung für Bestandsmieten im Mietspiegel der Stadt Stuttgart betrug laut Wohnungsbericht der Stadt zwischen 2015 und 2020 insgesamt 22,5 Prozent. Noch krasser war die Entwicklung bei den Angebotsmieten. Laut Wohnungsbericht der Stadt Stuttgart lagen die Angebotsmieten 2015 noch bei 11 Euro/qm und waren im Jahr 2020 mit 14,30 Euro/qm (eigene Auswertung von Wohnungsportalen) bereits um 30 Prozent höher. Dagegen betrugen die Lohnsteigerungen (laut Pressemitteilung von Haus & Grund) in 5 Jahren 11,3 Prozent. Wie Haus & Grund trotz explodierender Mieten zum Ergebnis kommen kann, dass ein Arbeitnehmer in Stuttgart von seinem Einkommen heute 5,2 Prozent weniger für die Miete bezahlt (bei Angebotsmieten 4,4 Prozent weniger) wie vor 5 Jahren, bleibt ein Geheimnis.

Die Mietpreisentwicklung anderer Städte in Baden-Württemberg zeigt, dass die Mieten den Einkommen davonlaufen:

  • So stiegen die Bestandsmieten in Freiburg seit 2015 um 26,32 Prozent. Es ist unerklärlich, wie Haus & Grund behaupten kann, dass die Einkommen der Freiburger um 5,9 Prozent stärker gestiegen seien als die Mieten.
  • In Esslingen stiegen die Bestandsmieten seit 2016 um 19,93 Prozent. Trotzdem seien laut Haus & Grund auch dort die Einkommen um 1,9 Prozent stärker gestiegen als die Mieten.
  • In Ludwigsburg stieg die durchschnittliche Bestandsmiete von 8,36 Euro/qm auf 9,92 Euro/qm, also um 18,66 Prozent. Trotzdem sollen laut Haus & Grund die Mietereinkommen noch um 2,8 Prozent stärker gestiegen sein.

Das Statistische Bundesamt hatte 2020 festgestellt, dass bundesweit der Anteil der Bevölkerung, der durch Wohnkosten überbelastet ist (mehr als 40 Prozent des Nettohaushaltseinkommens), bei 22,2 Prozent lag. Auch hilft es den Mietern in Freiburg oder Stuttgart nicht, wenn die Mieten im bundesweiten Durchschnitt zwischen 2015 und 2020 angeblich „nur“ um 6 Prozent gestiegen sein sollen. Denn die Mieten in den meisten Großstädten und Ballungsräumen sind nahezu explodiert und immer unbezahlbarer geworden. Tatsächlich frisst die Miete seit einem Jahrzehnt einen immer höheren Anteil vom Lohn der Arbeitnehmer auf.

„Wir haben kein Verständnis dafür, wenn der Hausbesitzerverband mit falschen Zahlen offensichtlich den Boden für weitere Mieterhöhungen bereiten will“, erklärte Rolf Gaßmann, Landesvorsitzender des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg. Die zunehmende Unbezahlbarkeit der Mieten dürfe nicht länger beschönigt werden. „Wir brauchen endlich wirksame Gesetze gegen explodierende Mietpreise!“, so Gaßmann. Der Mieterbund fordert seit Jahren eine Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen im Bestand, eine Mietpreisbremse ohne Ausnahmen und eine wirksames Wirtschaftsstrafrecht gegen Mietwucher.

Zurück