Mieterhöhungen wegen Modernisierung sind unwirksam
Vonovia unterliegt auch vor dem Landgericht Stuttgart
Der Mieterverein hat einen wichtigen Gerichtserfolg gegen den Großvermieter Vonovia erzielt. Das Landgericht Stuttgart (AZ: 13 S 22/20) stellte mit Urteil vom 29.07.2020 die Unwirksamkeit der Modernisierungsmieterhöhungen von Vonovia fest und verurteilte Vonovia zur Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Erhöhungsbeträge seit September 2018 über insgesamt 4.691 Euro. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Damit hat das Landgericht die Berufung von Vonovia gegen ein gleich lautendes Urteil des Stuttgarter Amtsgerichts vom Januar 2020 zurückgewiesen.
Bereits im Juni 2017 hatte Vonovia begonnen, eine vernachlässigte Wohnanlage im Stuttgarter Osten zu modernisieren. Im April 2018 erhielten die Mieter wegen der Modernisierungen saftige Mieterhöhungen. So sollte eine Mieterin für ihre 61 qm große Wohnung ab September 2018 statt 521 Euro nunmehr 716 Euro bezahlen, eine Erhöhung von 37,5 Prozent. Einschließlich Nebenkosten lag die Gesamtmiete dann bei 922 Euro und beanspruchte damit fast die Hälfte des Nettoeinkommens der Familie. Mit Hilfe des Mietervereins erhob die Mieterin zunächst einen Härteeinwand. Sie bezahlte die geforderte Mieterhöhung unter Vorbehalt, um dem Vermieter keinen Kündigungsgrund zu liefern. Auch über die von Vonovia angebotene Mietminderung von insgesamt 150 Euro für eineinhalb Jahre Baulärm, Schmutz und stark geminderten Wohnwert war die Mieterin empört und verlangte weitere 1.450 Euro Minderung. Doch Vonovia zeigte außergerichtlich kein Entgegenkommen.
Mit dem Rechtsschutz des Mietervereins im Rücken verklagte die Mieterin Vonovia auf Rückerstattung der bezahlten Mieterhöhungsbeträge und auf Zahlung von höheren Mietminderungsbeträgen. Mieteranwalt Dieter Haspel argumentierte in der Klageschrift, dass die Mieterhöhung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach und die von der Mieterin sorgsam mit Fotos dokumentierten Beeinträchtigungen während der langen Bauzeit eine deutlich höhere Mietminderung rechtfertige. Mit Urteil vom 16.01.2020 stellte schon das Amtsgericht Stuttgart die formelle Unwirksamkeit der Mieterhöhung fest und verurteilte Vonovia zur Rückzahlung der schon erhaltenen Mieterhöhungen. Den Anspruch der Mieterin auf die höhere Mietminderung von insgesamt 1.600 Euro hatte Vonovia vor dem Amtsgericht bereits selbst anerkannt.
Mit seinem Urteil folgte das Landgericht Stuttgart nun dem Urteil des Amtsgerichts und den Argumenten des Mieteranwalts. Das Mieterhöhungsverlangen von Vonovia sei „nicht hinreichend begründet“. Eine Mieterhöhung wegen Modernisierung müsse so ausgestaltet sein, dass einem Mieter die überschlägige Überprüfung des Erhöhungsbetrages möglich sei. Deshalb müssten die Modernisierungsarbeiten nach Gewerken untergliedert werden, z. B. Maurerarbeiten, Malerarbeiten und Gerüst. Ohne eine solche Aufstellung sei dem Mieter keine Überprüfung möglich, welche Arbeiten als Instandhaltung vom Vermieter zu tragen sind. Die Modernisierungsmieterhöhung von Vonovia enthalte eine solche Aufspaltung nicht und ist deshalb unwirksam.
„Wir erwarten, dass Vonovia die richterliche Entscheidung nun zum Anlass nimmt, auf alle betroffenen Mieter zuzugehen, um eine einvernehmliche Lösung zur Rückzahlung unbegründeter Mieterhöhungen herbeizuführen“, fordert Mietervereinschef Rolf Gaßmann. Sollte Vonovia hierzu nicht bereit sein, werden die Anwälte des Mietervereins gegebenenfalls Rückforderungsansprüche weiterer Mieter gerichtlich geltend machen.
Der Mieterverein rät allen Mietern von Vonovia, auch die Modernisierungsmieterhöhungen der letzten Jahre keinesfalls zu akzeptieren und sie durch die Experten des Mietervereins überprüfen zu lassen.