Obwohl viele Wohnungsangebote gegen die Mietpreisbremse verstoßen, setzen sich nur wenige Mieter zur Wehr
Mieterverein Stuttgart erwirkt Gerichtserfolg: Vermieter muss 3.000 Euro zurückzahlen
Laut Auswertung von Immoscout (Dezember 2023) ist Stuttgart mit 13,63 Euro pro Quadratmeter die drittteuerste Stadt bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen. Der Aufschlag gegenüber der durchschnittlichen Stuttgarter Mietspiegelmiete von 11,04 Euro/qm (gültig seit Dezember 2022) beträgt bei den Angebotsmieten bereits 24 Prozent. Gemäß Mietpreisbremse wäre bei Wiedervermietung nur ein Aufschlag von 10 Prozent auf den Mietspiegel zulässig. „Auch ein Blick in die Angebote der Vermietungsportale zeigt, dass die große Mehrheit der Vermietungsangebote gegen die Mietpreisbremse verstößt und leider viel zu wenig Mieter nach Einzug von der Mietpreisbremse Gebrauch machen“, erklärt Mietervereinsvorsitzender Rolf Gaßmann. Dass es sich lohnen kann, sich auch nach Einzug gegen überhöhte Mieten zur Wehr zu setzen, zeigt der vorliegende Gerichtserfolg eines Stuttgarter Mieters.
Lange Zeit suchte Christian R. eine kleine Wohnung in Stuttgart. Als er ab Januar 2020 endlich eine Wohnung mit 44 qm angeboten bekam, war er erschrocken über den Mietpreis. Der Vermieter verlangte für die normal ausgestattete Wohnung im Stuttgarter Süden 850 Euro, kalt und ohne Nebenkosten. Nach zwei Jahren sollte die Miete auf 870 Euro steigen, also auf fast 20 Euro pro Quadratmeter. Dem Mieter blieb angesichts der Wohnungsnot keine Wahl, er unterschrieb den Vertrag, zog ein und zahlte pünktlich aber Zähne knirschend die überhöhte Miete. Freunde gaben ihm den Tipp, zum Mieterverein zu gehen. Dort klärte ihn der Berater auf: Die ortsübliche Miete seiner Wohnung liege laut Mietspiegel bei 12,40 Euro/qm. Die Mietpreisbremse lässt bei Wiedervermietung einen Aufschlag von 10 Prozent zum Mietspiegelwert zu. Damit hätte der Mietpreis höchstens 13,64 Euro pro qm betragen dürfen, also für 44 qm höchstens 600 Euro.
Das Gesetz zur Mietpreisbremse hat leider unsinnige Ausnahmeregelungen: Wenn der Vermieter schon an den Vormieter zum überhöhten Preis vermietet hat, so gilt der letzte Mietpreis als zulässige Obergrenze. Der Mieterverein klärte den Mieter auf, dass folglich nur die Miete unzulässig überhöht ist, die über der Vormiete liegt. Weil der Vormieter bereits 750 Euro für 44 qm bezahlt hatte, konnte nur eine Herabsetzung auf 750 Euro und eine Rückzahlung des Differenzbetrages verlangen.
Mieter R. versuchte zunächst im einvernehmlichen Gespräch den Vermieter zur Herabsetzung auf 750 Euro zu bewegen. Tatsächlich bezahlte er ja seit Januar 2023 bereits 870 Euro. Doch der Vermieter zeigte kein Einsehen. Er berief sich darauf, dass er neuen Boden und weitere Investitionen in die Wohnung getätigt hätte, die Miete von fast 20 Euro/qm deshalb gerechtfertigt sei. So blieb dem Mieter nichts übrig, als mit dem Rechtsschutz des Mietervereins seinen Vermieter auf Herabsetzung der Miete zu verklagen. Im Dezember 2023 verhalf das Amtsgericht Stuttgart den Mieter schließlich zu seinem Recht. Es verurteilte im den raffgierigen Vermieter zur Rückzahlung der überhöht bezahlten Miete seit Beginn des Mietverhältnisses in Höhe von 3.000 Euro und auf Herabsetzung der Miete auf 750 Euro. Auch die Ausreden des Vermieters mit seinen angeblichen Investitionen ließ das Gericht nicht gelten. Bei den Investitionen handelte es sich um reine Instandhaltungsmaßnahmen und nicht um den Wohnwert verbessernde Modernisierungen. Zudem musste der Vermieter alle Prozesskosten übernehmen. Das Urteil ist rechtskräftig.