Trotz Einkommenseinbußen in der Pandemie steigen die Mieten weiterhin stark

Der neue Stuttgarter Mietspiegel weist eine Preissteigerung von 6,8 Prozent aus. „Wenn das die Vermieter:innen umsetzen, wird das viele Mieter:innen in Wohnarmut stürzen,“ kommentiert Mietervereinsgeschäftsführerin Angelika Brautmeier. Und weiter: „Inflation, explodierende Heiz- und Stromkosten und die Wirtschaftskrise belasten viele Mieterhaushalte bereits jetzt extrem, nicht nur die Geringverdiener, sondern bis hinein in die Mittelschicht. Da dürfen jetzt nicht noch Mieterhöhungen dazukommen!“ Deshalb appelliert der Mieterverein an die Vermieter:innen, die neuen Erhöhungsmöglichkeiten nicht auszunutzen. Denn auch in Zukunft müssen es sich Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen leisten können, in Stuttgart zu wohnen.

Eine schnelle Lösung liegt auf der Hand: Eine rechtliche Verpflichtung, auf mögliche Mieterhöhungen zu verzichten, gibt es für die Vermieter:innen nicht. Deshalb unterstützt der Stuttgarter Mieterverein die bundesweite Kampagne Mietenstopp, in der 166 Initiativen, Bündnisse, Verbände und Organisationen zusammenarbeiten mit dem Ziel, einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre durchzusetzen.

Obwohl in den Jahren 2020 und 2021 weniger Menschen nach Stuttgart gezogen sind, viele Mieter:innen pandemiebedingt drastische Einkommensverluste hinnehmen mussten,  hat es offensichtlich genügend Vermieter:innen gegeben, die die Mieten erhöht und wenig Rücksicht auf ihre Vertragspartner:innen genommen haben. Mit dem Krieg in der Ukraine und den zu erwartenden Flüchtlingen wird sich das Wohnungsproblem weiter verschärfen. Ein befristeter Mietenstopp würde zur Entspannung beitragen.

Ein Fünf-Jahres-Vergleich der Angebotsmieten von Immowelt (29.11.2022) zeigt: Hochpreisige Städte wie Stuttgart werden immer teurer. In Stuttgart, der zweitteuersten Stadt zahlen Wohnungssuchende 22 Prozent mehr für die Miete als vor fünf Jahren. Der Quadratmeter in Stuttgart kostet lautet Immowelt aktuell im Median 13,90 Euro. Für die Preissteigerungen ist insbesondere die ungebrochen starke Nachfrage nach Wohnraum bei gleichzeitig geringem Angebot verantwortlich. Zuletzt hat neben dem Anstieg der Bauzinsen und der daraus resultierenden Verschiebung der Nachfrage in Richtung Mietmarkt auch der Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine dafür gesorgt, dass sich die Mietpreise weiter erhöht haben.

Zwar wurde der Mietspiegel mit wissenschaftlichen Methoden erstellt, aber das Verfahren seiner Aufstellung kann optimiert werden, wie Angelika Brautmeier ausführt: „Früher wurden Mitarbeiter:innen der Stadt in die Wohnungen geschickt, um die Mieter:innen zu befragen. Diese Form der Befragung wurde aus Kostengründen eingestellt. Das Verschicken von Fragebögen führt nach Auffassung des Mietervereins dazu, dass bestimmte Menschen nicht erreicht und deren – im Zweifel etwas günstigeren – Mietverhältnisse nicht erfasst werden.“ Angelika Brautmeier verweist insbesondere auf Sprachbarrieren, intellektuelle Überforderung und prekäre Mietverhältnisse. Gebildete Menschen aus der Mittel- und Oberschicht seien beim Ausfüllen von Fragebögen grundsätzlich im Vorteil. Würde die Stadt wieder zu Vor-Ort-Befragungen übergehen, hätte man eine höhere Erfassungsgenauigkeit, einen größeren Rücklauf von ausgefüllten Fragebögen und eine breitere Streuung der erfassten Wohnungen.

Der Mieterverein fordert seit langem vom Bundesgesetzgeber, dass alle Mieten in den Mietspiegel einfließen. Mieten, die seit mehr als sechs Jahren unverändert sind, fließen derzeit nicht in den Mietspiegel ein. Günstige Sozialwohnungen fallen raus. Aber auch diese Mieten bilden die ortsübliche Miete!

Der Mieterverein rät allen Mieter:innen, Mieterhöhungen nicht ungeprüft zuzustimmen. Erfahrungsgemäß ist jede dritte Erhöhung fehlerhaft. Die Jurist:innen des Mietervereins überprüfen für seine Mitglieder Form und Höhe einer Mieterhöhung und erledigen den notwendigen Schriftverkehr mit dem/der Vermieter:in. Der Jahresbeitrag für umfassende Beratung und Hilfe beträgt nur 84 Euro. Schon 30.000 Stuttgarter Mieterhaushalte nutzen das Beratungsangebot für Mieter:innen.

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