Wegen Kriegsflüchtlingen wurden Mieter kurzfristig gekündigt

Weit über 100 Mieterhaushalte leben in großer Angst, dass sie bald wohnungslos werden könnten. Die Eigentümergemeinschaft Dobler hatte vor mehreren Jahren in der Holderäckerstraße ein ehemaliges Bürohaus zu einem Wohngebäude mit 269 Apartments umgebaut. Nunmehr wohnen dort mit unbefristeten Mietverträgen viele Kleinverdiener, Migranten, Auszubildende und Studenten. Für nicht wenige Bewohner übernimmt das Jobcenter die Miete.

Anfang August hatte Dobler allen Mietern wegen einem angeblich geplantem Umbau zum 30.09.2022 gekündigt. Alle Kündigungen sind rechtswidrig, da in normalen Mietverhältnissen nur wegen Eigenbedarf und mangelnder wirtschaftlicher Verwertbarkeit gekündigt werden kann. Beide Gründe liegen nicht vor und auch der angeblich von Dobler geplante Umbau kann im bewohnten Gebäude stattfinden. Offensichtlich geht es aber Dobler nur darum, die Mieter auf die Straße zu setzen, damit das gesamte Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen mit hohem Profit an die Stadt Stuttgart weitervermietet werden kann.

Nachdem Dobler erkannt hatte, dass er mit den bisherigen Kündigungsgründen nicht durchkam, wollte er die Stadt als Gehilfe für seine Kündigungen einsetzen. Obwohl er mit den Bewohnern schriftliche Wohnungsmietverträge abgeschlossen hatte, behauptete er nun, bei dem Objekt handele es sich um ein Hotel und es gebe deshalb keinen Kündigungsschutz. Baurechtlich wurde von der Stadt Stuttgart tatsächlich nur eine Genehmigung für einen Beherbergungsbetrieb erteilt, da das Gebäude im Gewerbegebiet von Weilimdorf liegt.  Sollte die Stadt tatsächlich eine Nutzungsuntersagung für Mietwohnraum aussprechen, würde Dobler sein Räumungsziel für einen noch höheren Profit erreichen.

Mietervereinschef Gaßmann bat deshalb den Stuttgarter Baubürgermeister Pätzold, die Duldung für eine Nutzung als Mietwohnungen zu gewähren, damit die Mietverhältnisse weiterbestehen können. Schließlich hatten viele Mieter auch darauf vertraut, dass die vom Stuttgarter Jobcenter genehmigten Mietverträge rechtmäßig sind. Mangels Alternativen würden die geräumten Mieter sich andernfalls in die schon übervolle Notfallkartei der Stadt einschreiben lassen bzw. auf der Straße sitzen.

Scharf kritisierte der Mieterverein, dass die Stadt bei Anmietungsverhandlungen des Gebäudes mit Dobler offensichtlich egal war, was mit den bestehenden Mietverhältnissen geschieht. „Wenn Kleinverdiener mit dauerhaften Mietverträgen gekündigt werden, damit Flüchtlinge in ein Haus einziehen, dann birgt dies großen sozialen Sprengstoff“, so Gaßmann gegenüber der Presse. Er hatte sich selbst vor Ort in Weilimdorf von den Existenzängsten der bisherigen Mieter überzeugt und sie über die Unwirksamkeit der bisherigen Kündigungen informiert. Gaßmann: „Wenn die Stadt jetzt keine sozial verträglichen Lösungen für die bisherigen Mieter findet, wird sie nur Wut auf Flüchtlinge schüren. So dumm darf eine verantwortliche Stadtverwaltung nicht handeln!“ Nachdem die Stuttgarter Zeitung groß über den Fall berichtete, forderten auch Stadträte von SPD und Linken die Korrektur des skandalösen Verhaltens der Stadt.

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